englishE9N - ENSEMBLE 9. NOVEMBER

Wiederaufnahme 2015
Freitag 6. Februar
Samstag 7. Februar

"BLUTHOCHZEIT"
Theaterstück Von
Federico Garcia Lorca














Bilder:
Jörg Langhorst
Mona Langhorst

ALLE
AUFFÜHRUNGEN:


Oktober 2014

PREMIERE: Mittwoch, 15. Oktober 2014, 20 Uhr
Donnerstag, 16. Oktober 2014, 20 Uhr
Freitag, 17. Oktober 2014, 20 Uhr
Samstag, 18. Oktober 2014, 20 Uhr

November 2014

Mittwoch, 5. November 2014, 20 Uhr
Donnerstag, 6. November 2014, 20 Uhr
Freitag, 7. November 2014, 20 Uhr
Samstag , 8. November 2014, 20 Uhr

Februar 2015

Freitag, 6. Februar 2015, 20 Uhr
Samstag, 6. Februar 2015, 20 Uhr

Gallus Theater
Tel. Reservierungen
069 75 80 60 20
Kleyerstraße 15
60326 Frankfurt
http://www.gallustheater.de





WEGEN DER GROSSEN NACHFRAGE:
WIEDERAUFNAHME: "BLUTHOCHZEIT"
FREITAG, 6 FEBRUAR UND SAMSTAG, 7 FEBRUAR 2015, 20 UHR
(Letzte Vorstellungen)

BLUTHOCHZEIT verbindet das Schicksalhafte der griechischen Tragödie mit dem Irrsinn einer großen Leidenschaft im Schatten der Gewalt. Wir erleben das Archaische in Form einer unausweichlichen Konfrontation, an deren Ende die Rettung der Familienehre durch Selbstjustiz steht. Bemerkenswert dabei ist die phantastische, poetische Kraft der Sprache. Der Rhythmus des Textes und die ausgeklügelte Körper- Musik- und Bildersprache wie sie in den Hochzeitstänzen kulminiert: Bunt, lyrisch und rasant zugleich stürzen sie in einen märchenhaften Rausch der Wahrnehmung. Traditioneller Auslöser des Ehrenkonflikts ist der Brautraub, der schon das Motiv der Rache in sich birgt. Zwei Familien, zwei Kontrahenten, Hass und Trauer, gegenseitige Gewalt. Bilder einer Landschaft, die lacht und weint. Der Mond und der Tod - La Muerte -, die anfänglich zu Komplizen der Liebenden werden, um sie später dann doch zu verraten. Mond, Tod und Erotik vereinen sich. Durch ihren Tod vollenden die Kontrahenten was vollendet werden muss. Am Anfang die Mutter als Ikone, virulent, feurig, am Ende die Trauergesellschaft mit Masken überzogenen Gesichtern. Übrig bleiben die zerpflückte Braut, blitzende Messer, und ein letzter, stummer Aufschrei wie in einer rot- gefärbten Oper. Aber der Tod ist jung und schön und nicht wiederzubeleben. Musik Improvisationen so wie eigens für die Inszenierung durchkomponierte Musik, mehrstimmiger Gesang, und Filmprojektionen runden das Spiel der vielseitigen AkteurInnen ab. Zusammen mit der skulpturalen, transparenten Bühne, surrealen Masken und Kostüme erzeugen sie ein einzigartiges Gesamtkunstwerk.

Die "unerfüllte Leidenschaft" ist eine Metapher, die sich über Jahrhunderte in unterschiedlichen Formen darstellt und darin ihre Allgemeingültigkeit manifestiert und bewahrt. (H.K.)

Regie, Konzeption, Dramaturgie:
Helen Körte

DarstellerInnen:
Ruth Klapperich, Dzuna Kalnina, Susanne Pfitschler, Simone Greiss, Raija Siikavirta, Claudio Vilardo, Damaso Mendez, Mario Krichbaum,
Special Guest Elena Thimmel.
Das Kind:
Annemike Plößer
Komposition (instrumental):
Martin Lejeune
Komposition (vokal):
Uwe Kremp
Musiker:
M. Lejeune (Gitarren etc.)
Jens Hunstein (Blasinstrumente, Akkordeon)
Bühne, Objekte, Kostüme:
W. Fiebig
Kostüme:
Margarete Berghoff
Choreographie:
Chananjah Plößer, Helen Körte
Film, Video, Projektionen, Grafik:
Jörg Langhorst
Assistenz:
Rebekka Waitz
Licht:
Johannes Schmidt


"Bluthochzeit" von
Federico Garcia Lorca
aus dem Spanischen von
Rudolf Wittkopf
Hrsg. Suhrkamp Verlag

Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturamt Frankfurt am Main
FAZIT-STIFTUNG
Hochschule für Gestaltung Offenbach/M

PRESSESSPIEGEL


Strandgut 10/2014:

Aus dem Füllhorn der Musen
Ensemble 9. November: Begeisternde »Bluthochzeit«

Man hat es ja ahnen können — und geahnt (Strandgut 10/2014): Helen Körtes Inszenierung von Federico Garcia Lorcas »Bluthochzeit« für das Ensemble 9. November ist zu einem freudvoll und farbenfroh überquellenden Kunstfest geworden, das vom Tanz und Pantomime über Gesang und Musik bis zu Kostüm und Bühnenausstattung reicht und selbst das Medium Film nicht auslässt. Und das obendrein eine hochliterarische und fesselnde urspanische Geschichte um Ehre und Tod, um Blut und Liebe erzählt, in der sich eine leidenschaftliche Braut noch während der Hochzeitsfeier mit ihrem Ex-Lover aus der Unterschicht auf einem Pferd in die Montanas davonmacht. Selbstverständlich zieht das Rache und Ehrenmorde der so stolzen, leidenschaftlichen Männer (Claudio Vilardo und Mario Kriechbaum) nach sich - und lässt nur die unglücklichen Frauen zurück: Simone Greiss, als die sinnlichste aller Bräute in Lockenpracht, Ruth Klapperichs tiefbittere, verhärmte Mutter und die anmutig-humorvolle tänzelnde Raija Sllkavirta als Magd. Silkavirta tanzt überdies mit Damaso Mendez die allegorischen Figuren des Mondes und der Bettlerin in Lorcas Werk, live begleitet von der manchmal aufreibenden, manchmal melancholischen Musik Martin Lejeunes (Gitarre) und Jens Hunsteins (Akkordeon, Trompete). Und es wird spanisch gesteppt und gesungen (Dzuna Kalneina, Susanne Pfitschler)‚ mit portugiesischem Sidestep (Elena Thimmel). Es ist mehr, ja: viel mehr, als ein Besuch an Ideen und Inspirationen an Bildern und musischen Genüssen verkraften kann, und beschenkt reich.

Von Winnie Geipert

Frankfurter Rundschau 16.10.2014:

Ach, wäre es schön, über die Liebe zu kichern
Von JUDITH VON STERNBURG

Seltsames Spanien: Das Frankfurter Ensemble 9. November nimmt sich im Frankfurter Gallustheater Federico Garcia Lorcas "Bluthochzeit" vor.

Die dunkle Unerbittlichkeit von Federico Garcia Lorcas "Bluthochzeit" (1933) findet beim Ensemble 9. November eine gute Heimstatt. Es geht im Stück nicht nur um Unglück bei gleichzeitiger Unterdrückung von denkbarem Glück, sondern um die Rituale, die eine Gesellschaft dafür vorsieht. Die Klage, die Wutrede, vor allem aber die Selbstbeherrschung, in der sich alles mit einem Aufstampfen begnügen muss. Sei es das Aufstampfen des Stuhlbeins oder des eigenen Fußes. Denn wir sind in Spanien. Spanien ist seltsam. Das hängt hier auch damit zusammen, dass hinten in der Ecke Martin Lejeune und Jens Hunstein ihre Instrumente aufgebaut haben und so tun, als würden sie Flamenco spielen. Aber Lejeunes Flamenco ist wie auseinandergesägt und neu zusammengesetzt, und sein Pathos ist kalt und seine verheulte Seite verschwunden. Es hört sich großartig an. Bei Bedarf krispeln, grummeln, knackern die Musiker auch in die Handlung hinein. Schräge Kunstlieder in Volksliedmanier (Uwe Kremp) werden veritabel als klassische Duette für Frauenstimmen (Susanne Pfitschler und Dzuna Kalnina) gesungen. Zum seltsamen Spanien gehören ebenso die Kostüme und Objekte von Wilfried Fiebig, wie immer von einem anderen Stern, aber die Herren tragen Schärpe, und da ist das prächtige Hochzeitskleid und dort ist sogar ein praktischer kleiner Fensterrahmen, aus dem sich die Tratscherin lehnen kann, um alles mitzubekommen. Die Mutter hat ein überlanges goldenes Kleid an, dessen Saum rundum mit Backsteinen am Boden gehalten wird. Ein Gefängnis, in dem man sich nurmehr ein wenig räkeln kann. Die Messer, die in Garcia Lorcas Spanien das Geschehen bestimmen, wie heute in den USA die Schusswaffen (so die Mutter: ohne Messer keine raschen Morde), sind unhandlich, aber scharf und von blendendem Glanz.

Munter klappert der Tod
Zum seltsamen Spanien im Gallustheater gehört aber vor allem die Bewegungssprache von Regisseurin Helen Körte, die die Darstellerinnen manchmal zu Tänzerinnen macht, die der großen Tragödie Platz schafft - die große Tragödie bricht sich nicht nur im seltsamen Spanien durch Schweigsamkeit Bahn -, um dann wieder verspielt ein paar shakespearische Narren auf der Bühne herumkugeln zu lassen. Eines der Narrenkostüme macht aus dem Narren auch einen munter herumklappernden Tod. Das Ensemble 9. November ist in Spiel- und Erzähllaune. Die zehn Spielerinnen und Spieler wechseln flink die Rollen, aber es gibt auch feste Zuordnungen. Simone Greiß ist die Frau zwischen zwei Männern, die Möglichkeit von Glück lässt sie gegen alle Logik strahlen. Ihr Gegenstück, die Schwiegermutter in spe, Ruth Klapperich, ist eine klassische Bernarda-Alba-Vorläuferin. Raija Siikavirta wieselt als omnipräsente Beobachterin & Kommentatorin durch die 100 Minuten. Der Unterschied zwischen Einsamkeit und Alleinesein - hier ist keiner je allein und jeder ist einsam außer den Liebenden - wird hier immer wieder zum Bild. Die Ideen spülen die "Bluthochzeit" aber nicht weg, sie bekommt nur eine ganz eigene Umgebung. Noch bevor die Schauspieler auftreten gibt es eine kleine Filmeinspielung (Jörg Langhorst), eine Art negativer Scherenschnitt. In reizender Stummfilmübertreibung findet sich ein Paar. Viel lieber würde man ja über die Liebe kichern, als über sie zu weinen.

Frankfurter Neue Presse 18.10.2014:

Die Braut brennt mit dem Geliebten durch
Von Marcus Hladek

Helen Körte vom "Ensemble 9. November" inszenierte im Frankfurter Gallus-Theater die "Bluthochzeit" von Federico García Lorca.

Im Untertitel des Stückes, "Lyrische Tragödie", steckt bereits das Opernhafte. Beim C trifft dies auf fruchtbaren Boden, denn immer schon war der kreative Einsatz von Live-Bühnenmusiken für die Gruppe um Helen Körte (Regie, Konzeption, Dramaturgie) und Wilfried Fiebig (Bühne, Objekte; Kostüme mit Margarete Berghoff) Teil ihres "Markenkerns". Dazu gehören auch wieder von der bildenden Kunst inspirierte Kostüme mit Bezügen auf historische Avantgarden wie Konstruktivismus und Kubismus. Gestänge, Plexiglas und weitere harte, dunkle oder lichte Materialien zählen neben daran befestigten Stoffrechtecken zu den Kostümapplikationen, welche die ansonsten traditionsbezogenen Kostüme verfremden. Requisiten wie scharfe Messer sind vergrößert und sichtbar spitzer als in der Realität. Hängende Raumobjekte erinnern an ein Nest, Schriftzeichen und anderes mehr; eine Art Trampolinfläche fokussiert, was in die Mitte gehört. So weit folgt Körte der "E9N"-Gruppentradition. Neu und erfrischend ist, wie sie "Bodas de sangre" inszeniert: als "Musiktheater in acht Bildern", relativ linear, szenisch und in größeren Dialogsequenzen erzählt.

Fremde Gefühlswelt
Mit einem Drama zu arbeiten, oder genauer: ein Drama arbeiten zu lassen, statt Romanstoffe zu "bebildern", kommt hier dem szenischen Zusammenhang entgegen. So ist weniger "Manier" in allem: der Stil, ein schöner Stil, drängt sich weniger vor die Geschichte mit ihren Leidenschaften und Einblicken in eine fremde, historische (Gefühls-)Welt. Es entsteht ein gut lesbares, nie verwirrendes Spiel aus und um "Bluthochzeit". Rachetaten resultieren aus einer Hochzeit, als die zerrissene Braut (Simone Greis), die ihren Bräutigam (Claudio Vilardo) schätzt, gleichwohl mit dem früheren Geliebten (Mario Krichbaum) durchbrennt: "Es" ist stärker als sie. Damit schafft sie einen Ehrenkonflikt zwischen Bräutigamsmutter (Ruth Klapperich) und Brautvater (Damaso Mendez, auch: Baumgestalt), wobei Lorca das Mantel-und-Degen-Topos der "Entführung" variiert und bricht. Das Ensemble besteht aus Sängerinnen (Susanne Pfitschler und Dzuna Kalnina) und einem halben Dutzend Schauspieler plus Kind, das die Erzählung einrahmt (Annemike Plößer). Die teils feste Rollenzuteilung bleibt unbenannt. Der schöne Fluss des Ganzen, teils abrupt angeschrofft, verdankt sich auch den Musikern Martin Lejeune und Jens Hunstein, die auf der E-Gitarre Flamencoklänge anhärten oder auf Klarinette, Akkordeon und weiteren Instrumenten Gefühlsfarben malen. Wichtig sind auch der verwendete Trickfilm und das Licht mit den bunten Quadraten (Johannes Schmidt). Über allem leuchtet schicksalhaft der Wandermond, wie auch ein schönes Lichtspiel mit Raija Siikavirta (Dienstmädchen, Mondgestalt) auf dem Vorhang den symbolisch-komischen Auftakt setzt.

FAZ 18.10.2014:

Gesamtkunstwerk der Leidenschaft
Das Ensemble 9. November zeigt im Frankfurter Gallus-Theater "Bluthochzeit"

Das Messer, das verfluchte Messer. Es sticht am Anfang von Federico Garcia Lorcas Tragödie "Bluthochzeit" ins Herz und auch am Ende. Zu Beginn trifft es als Erinnerung an den Blutrache-Tod von Mann und Sohn das Herz der Mutter, am Ende die Herzen des Bräutigams und seines Nebenbuhlers Leonardo. In Helen Körtes freier Inszenierung des Lorca-Klassikers im Frankfurter Gallus-Theater sehen die Messer der tötenden Männer aus wie überdimensionierte Klingen einer Schlachtmaschine, die alles blutig zerfetzt: den Körper, die Liebe, die Leidenschaft. Am Ende sind der Bräutigam (Claudio Vilardo) und Leonardo (Mario Krichbaum), der die Braut am Tage der Hochzeit auf seinem Pferd entführt hat, tot, die Mutter und die Braut dagegen seelisch ermordet. Archaische Gefühle treiben die Protagonisten dieses Stückes. Willenlos ist die Mutter (Ruth Klapperich) ihrer Rachsucht ausgeliefert, ja, sie ist in dieser bildersüchtigen Inszenierung Körtes geradezu eingemauert in einen Kerker von Vergeltungswahn. Ihr überlanges goldfarbenes Kleid bildet auf dem Boden um sie herum einen weiten Kreis, der mit Ziegelsteinen fixiert ist. Das Hausmädchen (Raija Siikavirta) braucht eine Schubkarre, um all die Gewichte, die diese verbitterte Frau beschweren, wegfahren zu können. Auch die Braut (Simone Greiss) kann der Urmacht ihrer Triebe nichts entgegensetzen. Sie liebt ihren Bräutigam, freut sich auf ihr Zusammensein, auf die Ehe, auf Kinder und Familie. Aber die Leidenschaft zu Leonardo, ihrem früheren Liebhaber, ist stärker. Als ob ein Fatum sie triebe, verlässt sie die Hochzeitsgesellschaft, tritt zu Leonardo, sattelt sein Pferd und lässt sich von ihm wegführen aus Familie, Pflicht, Gewohnheit. Das Blut ist starker als der Wille. Die Leidenschaft setzt sich über den Anstand hinweg. Körte inszeniert die tragische Handlung nicht psychologisch, sondern in starken, zuweilen statuarischen Bildern. Man denkt nicht nur an jenen Stellen, da das Dienstmädchen das Geschehen wie in den antiken Stücken wie ein Chor kommentiert, an die griechische Tragödie, in der die Figuren ihrem Schicksal ausgeliefert sind. Zwei Operndiven (Dzuna Kalnina und Susanne Pfitschler) greifen in Kompositionen von Uwe Kremp die Leitmotive auf und singen Lieder mit Texten wie: "Es strömte das Blut noch stärker als Wasser." Martin Lejeune an der Gitarre und Jens Hunstein an den Blasinstrumenten setzen musikdramatische Akzente. Überreich hat Wilfried Fiebig die Bühne mit surreal von der Decke baumelnden Einrichtungsstücken ausgestattet. Die Darsteller hat er in phantastische Kostüme gesteckt, besonders gelungen ist das Hochzeitskleid der Braut aus sich bauschenden papierenen Küchentüchern. Ergänzt werden Schauspiel, Gesang, Choreographie und bildende Bühnen- und Kostümkunst durch Filmprojektion und ein hinreißendes Schattenspiel auf dem Vorhang zu Beginn dieses wahren Gesamtkunstwerkes. Die Regisseurin Körte hat sich mit dieser Inszenierung noch einmal selbst übertroffen.
HANS RIEBSAMEN

PREMIERE
Mittwoch 2. April
2014

"Oblomow,
zwei Lieben und ein Traum"
Ein `Kinderspiel´ aller Künste.











Bilder: Jörg Langhorst
Mona Langhorst

ALLE
AUFFÜHRUNGEN:


April 2014

Mittwoch, 2. April 2014, 20 Uhr
Donnerstag, 3. April 2014, 20 Uhr
Freitag, 4. April 2014, 20 Uhr
Samstag, 5. April 2014, 20 Uhr

Mai 2014

Donnerstag, 1. Mai 2014, 20 Uhr
Freitag, 2. Mai 2014, 20 Uhr
Samstag , 3. Mai 2014, 20 Uhr
Donnerstag, 8. Mai 2014, 20 Uhr
Freitag, 9. Mai 2014, 20 Uhr
Samstag, 10. Mai 2014, 20 Uhr

Gallus Theater
Tel. Reservierungen
069 75 80 60 20
Kleyerstraße 15
60326 Frankfurt
http://www.gallustheater.de




"Oblomow" nach Alexandrowitsch Gontscharow

ist wohl eher eine große, sein Leben begleitende, Erzählung als ein Roman. In ihrer Gänze erst 1859 erscheinend , besteht aus drei, im Abstand von jeweils einem Jahrzehnt erschienenen Teilen. In circa 600 Seiten entfaltet sie, mit der Liebe des Langsamen, die Langsamkeit der Liebe, die poetische , als auch die prosaische. Im Staub, verlangsamter Materie, legt sich zur Ruhe die unruhige Zeit, weilt lange dort. Wie das gefallene Laub im Herbst der Bäume vom Grün der Jahre träumt, erzählt flüsternd der Schlaf im Traum dem Oblomow vom Oblomow. Im Schlafrock erst kommt der eilende Gehrock zur Ruhe, ein Lob dem Schlafrock. Besucher wirbeln den Staub auf, machen sich jedoch nach kurzer Morgenvisite wieder aus demselben davon. Zurück bleiben Herr und Knecht, Oblomow und sein Diener Sachar, der den Schlaf seines Herren hütet. Erst ein Mahnbrief des Dorfschulzen zum miserablen Zustand seines, dreihundertfünfzig Seelen zählenden Gutes, entlockt Oblomow den Ausruf: "Ach du mein Gott! Das Leben macht sich fühlbar." Hinzu kommt, daß er sich eine neue Wohnung suchen muß. Erlösung davon findet er erneut im Schlaf, der ihn reichlich und seltsam mit dem Traum seiner Kindheit und Jugend beschenkt. Aus diesem Traum aber reißt ihn Stolz, seit beider Kindheit und Jugend, Oblomows Berater in Sachen der Verwaltung seines Guts als auch der Gestaltung seines Lebens. Stolz, Sohn eines deutschen Gutsverwalters in Russland sowie einer rührenden, gebildeten russischen Mutter, immer auf In- und Auslandsreisen unterwegs, will Oblomow ins St.Petersburger Gesellschaftsleben einführen, scheitert zwar, macht ihn aber mit der jungen Oljga bekannt. Die Musik , und der russische Flieder bilden den Stoff der poetischen Liebe zwischen ihr und Oblomow. Der in Oblomow aufkeimende Zweifel daran, die er in einem Brief an Oljga äußert, wird von ihr emphatisch zurückgewiesen. Es sind jedoch seine nicht gelingende Wohnungssuche, sowie das vom Gut, erst in einem Jahr zu erwartende Geld, die dem poetischen Augenblick seiner Hochzeit mit Oljga im Wege stehen. Im Angesicht dieser Oblomowerei trennt sich Oljga von Oblomow. Der poetische Teil seines Lebensideals scheitert. Der prosaische Teil jedoch findet in Agafia, der Hausfrau, bei der er zur Miete wohnt, eine sich, nach seiner heftigen Erkrankung, anbahnende innige Erfüllung. Mit ihr, die er heiratet, hat er einen Sohn. Auch Oljga, nach heftigen Zweifeln, entschließt sich, Stolz zu lieben und zu heiraten. Was nach dem Glücklichen Ende kommt, blendet Gontscharow aber nicht aus. Vielmehr beschreibt er uns den nun in der Lebensruhe sich entwickelnden beliebigen Reichtum beider "Lebensarchen". Mit Oblomovs Tod, einem von Zeit zu Zeit auf seinem Grabstein gelegten Fliederzweig und Agafia in Schwarz beendet Gontscharow seine Erzählung über das Leben des Oblomow. Nach dem Besuch einer Messe strömt die Menge auf die Straße hinaus, voran die große zusammen gewürfelte Gruppe der Bettler, die das Zeitalter der "Oblomowerei" aus sich entlässt.

Gontscharows 600 seitige wunderbare Erzählung lässt sich in einer solchen Zusammenfassung nicht erschließen. Sie muß daher in den Ästhetiken der anderen Künste, als es das literarische Werk des Dichters mit Hilfe der Vorstellungskraft des Lesers vermag, zur Erscheinung kommen. Nicht ein dialogisch für Theater-Rollenspiel konstruiertes Drehbuch vermag dem zu entsprechen. Der verbleibende Sprechtext, den alle Spieler ohne Rollenverteilung innen- und auswendig können müssen, bildet die Grundlage für ihren , auch choreografischen, Umgang im Kontinuum aller anderen Künste: Musik, Gesang, bildende Kunst, Lichtgestaltung, So werden sie, wie in einem Sandkasten Kinder mit Bagger, Förmchen, Stöcken,... "spielen", eben ein "Gesamtkunstwerk".

Regie, Dramaturgie:
Wilfried Fiebig

Interventionen: Helen Körte

Schauspiel:
Wilfried Fiebig
Janine Karthaus
Mario Krichbaum

Musik/musikalische Planung:
Claudia Hornbach (Akkordeon)
Gabriele Zimmermann (Gesang , Mezzo)

Bühne, Objekte, Kostüme:
Wilfried Fiebig

Licht: Johannes Schmidt


Mit freundlicher Unterstützung:
Kulturamt Frankfurt am Main
Hochschule für Gestaltung Offenbach/M


PRESSESSPIEGEL


Frakfurter Rundschau 4.4.2014:

Will er Tanzen? Ja, fast

Das Ensemble 9. November nimmt sich im Gallus-Theater Frankfurt den "Oblomow" vor

Von Judith von Sternburg

Wilfried Fiebig, so ist anzunehmen, ist in etwa das Gegenteil von Oblomow. Insofern stellt sich gleich eine wunderliche Spannung ein zwischen dem Mann, der spielt und Regie führt und sich um die Dramaturgie gekümmert hat, der die Bühne eingerichtet und die Kostüme und die Objekte hergestellt hat; und dem Mann, der bekanntermaßen rigoros nichts tut. So dass auch Fiebig vorerst still in seinem durchsichtigen Zylinder hockt, der ihm Schlafrock und Diogenes-Fass zugleich ist, aber lang hockt er nicht da drin.
"Oblomow. Zwei Lieben und ein Traum" heißt die neue Produktion des Ensembles 9. November im Gallus-Theater, aber Fiebigs Partnerin Helen Körte hat diesmal lediglich "Interventionen" beigesteuert. Das Stück lehnt sich an Iwan Gontscharows Roman von 1859 an, hüpft eigentlich eher um ihn herum. Auch Fiebigs Oblomow selbst kann kaum widerstehen, ein bisschen zu tanzen. Aber auf der Stelle, immer auf der Stelle. Und wenn man denkt, gleich springt er doch los, reißt er sich zusammen und macht wieder nichts, wie es sich für Oblomow gehört.
Die faulen Vögel
Dramaturg Fiebig hat sich charakteristische Szenen aus dem Roman vorgenommen. Das ist aber kein Schnelldurchgang für Nichtleser, sondern ein poetisches Verharren an einigen Momenten. Oblomow bekommt Besuch, aber er will lieber keinen haben. Oblomow müsste sich um seine Finanzen kümmern, aber wie soll er das machen. Oblomow verliebt sich, aber das ist aufwendig. Objektbildner Fiebig hat bizarre, aber einleuchtende Kostüme gebaut - vogelhaft für den faulen, hier aber doppelten Diener, hellblumig für die schöne Olga, Picassobusen für die treue Agafia, schweres Gerät und Rollköfferchen für den strebsamen Gegenpol, den Deutschen Stolz. Janine Karthaus, und Mario Krichbaum schlüpfen in Objekt nach Objekt und Rolle nach Rolle. Figuren wie die anstrengend kluge Olga oder der bedrohlich straffe Stolz beleommen trotzdem zügig Kontur. Der "Oblomow" im Gallus-Theater ist sanft und leicht und 90-minütig. Claudia Hornbach am Akkordeon und die Sängerin Gabriele spielen von der Seite russische und deutsche Romantik ein. Der melancholische Anteil interessiert hier mehr als der politische und tragische - Gontscharow-leser werden sich das unschwer dazudenken können, Vor allem aber interessiert die Zuneigung zu einer Figur, die in jeder Welt und jeder Zeit ihren schlappen, aber sympathischen Auftritt hat. Auch Stolz mag ihn in Frankfurt nicht ernsthaft kritisieren. Längst ist Aktivität nicht mehr, was unbedingt auf den rechten Weg führt, und die Antwort auf die Frage, wer richtiger liegt, verschwimmt immer mehr. Zumal der Tod, der hier schnell und hart kommt, während der Zuschauer noch dachte, Oblomow kann das nicht passieren, alles einebnet.


FAZ 4.4.2014:

Funkelndes Metall

"Oblomow" im Frankfurter Gallus-Theater

"Wie lieb' ich dich, Schlafrock!" Also hebt ein Text an, den Stück zu nennen einem schwerfällt, denn eine dramatische Entwicklung ist nicht zu erkennen. Es geht eher um einen Zustand. Und um die Techniken, ihn zu erhalten. Ein Mann hat sich eingerichtet in seiner Faulheit, Trägheit, Willenlosigkeit. Das Ensemble 9. November entwirft in "Oblomow" nach dem Roman von Iwan Gontscharow das Gesamtbild einer freundlichen Existenz ohne Gestaltungsabsicht, verweigert es, eine Geschichte zu erzählen, stellt stattdessen aus Romanfragmenten, Musik, Gesang, Licht und viel bildender Kunst eine über 75 Minuten gleichbleibende Atmosphäre her. Die handelnden Personen aus der Prosavorlage bleiben gesichtslos, die Darsteller werden mittels skulpturaler Objekte und ausladender Kostüme zu symbolischen Figuren, die sich der Behäbigkeit des Protagonisten entgegenstemmen, ohne an ihr etwas ändern zu können. So haben wir es hier mit einer Art Performance zu tun, in der allerlei funkelnde Artefakte in immer neuen Konstellationen in Erscheinung treten. Hohe Kopfaufsätze etwa tangieren die an der Decke hängenden Stäbe: Alle bewegen sich wie in Trance in einem poetischen Raum, den Oblomow bestimmt und aus dem es kein Entrinnen gibt. Er selbst tritt zunächst in einem Plexiglaszylinder auf, der ihn umhüllt und zugleich zur Schau stellt: selbstzufrieden und allezeit bereit, sich dem Schlaf als größtem Daseinsgenuss zu überantworten. Bühnenbildner, Regisseur und Hauptdarsteller in einem ist Wilfried Fiebig, der seine Oblomow-Welt vor allem aus glänzenden metallischen Oberflächen zusammengebaut hat, eine gleißende Wirklichkeit jenseits dessen, was Menschen sonst hauptsächlich umtreibt. Fiebigs Konstruktionen überlagern die Mechanismen des Theaters. So wird aus diesem Abend eine bewegte Installation.

zer.